Kloster Zella
Geschichte
Über die frühe Geschichte des Klosters ist wenig bekannt. Alle Urkunden wurden 1649 im Zellschen Freihof in Mühlhausen, während des dreißigjährigen Krieges, vernichtet. So entstand die Sage vom Ritter von Tastan der als Klostergründer gilt. Aus edlem Geschlecht stammend, war er als Raubritter in dieser Gegend für seine Gräueltaten berüchtigt. Im Alter besann er sich und zeigte Reue und zog sich als Eremit oberhalb des Kloster zurück. Als Doppelkloster (Mönche und Nonnen) existierte es bereits um 1175, welches sich aus einer Urkunde aus dem Jahre 1215 schließen lässt. Ab Mitte des 13. Jahrhunderts ist Zella ein reines Benediktinerinnenkloster für ca. 25-30 Nonnen. Im Jahre 1294 kam das Kloster zum Bistum Mainz. Im Bauernkrieg, 1525 wurde das Kloster durch das Bauernheer, unter der Führung Pfeiffers, größtenteils zerstört. Unter dem Einfluss der Reformation wohnte 12 Jahre später keine Nonne mehr im Kloster. Erst in der Folge der Gegenreformation, Ende des 16. Jahrhunderts, wurde das Kloster wieder belebt. Schwer zu leiden hatte das Kloster auch während des 30- jährigen Krieges, wo es mehrfach geplündert und ausgeraubt wurde. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss erfolgte 1803 die Säkularisation
und 1810 die Aufhebung des Klosters Zella. 1811 ging das Kloster in Privatbesitz über und 1888 in den Besitz von Oberst Rudolf von Fries. Nachdem großen Brand von 1906 wurden die Wirtschaftsgebäude und auch die Kirche wieder instandgesetzt. Die Kirche wurde ab 1930 durch Helmuth von Fries in ein Museum umgestaltet. Nach Kriegsende musste die Familie von Fries ihren Besitz aufgeben. Durch die Bodenreform kam das Kloster schließlich in den Besitz der evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen. Das Evangelische Hilfswerk richtete 1949 im Kloster unter Leitung von Diakon Friedrich Babendererde ein Altenheim ein. Heute verbringen im Kloster Zella 110 Senioren ihren Lebensabend. Die Gebäude Das ehemalige Kloster Zella umfasst ein unregelmäßiges Areal, welches malerisch oberhalb des Laufes der Frieda am Hang des Kälberberges (466,2 m) liegt. Den nördlichen Zugang bildet ein eigenständiges Torhaus, welches auf der Klosterhofseite auf beiden Seiten des Tores in das Fachwerk geschnitzte, gewundene Säulen aufweißt.
Über den Torbogen ist eine hölzerne Sonnenuhr angebracht. Eine Inschrift auf der Uhr zeigt die Jahreszahl 1708. Sie gehört zu den wenigen historischen Sonnenuhren des Eichsfeldes. Die Wohn- und Wirtschaftsgebäude stammen überwiegend aus dem 16. und 17. Jahrhundert (bis auf die wenigen die durch den Brand 1906 zerstört worden sind). Interessant ist die so genannte Mischbauweise wo auf Natursteinsockeln bzw. -erdgeschoss Fachwerk aufgesetzt wurde. Zu den wenigen gut erhaltenen Resten romanischer Baukunst auf dem Eichsfeld gehört die Klosterkirche, welche dem heiligen Nikolaus geweiht ist. Der heutige Bau ist ein einschiffiger Saalbau mit eingezogener Apsis, hohen Rundbogenfenstern und einen verschieferten Dachturm (der Entwurf für die Wetterfahne mit dem Bild des hl. Nikolaus stammt von Josef Richwien). An der Nordseite befindet sich der geschlossene Eingangsvorbau aus dem Jahre 1954. Ein verglaster schmiedeeiserner Windfang trennt den Vorbau vom Kirchenschiff. Das Innere ist geprägt durch einen ruhigen, geschlossenen Raumeindruck. Die weitgehend ungegliederte Wand mit den hochsitzenden Fenstern führt zum Altarraum. Die westliche Raumhälfte nimmt die auf einem Kreuzgewölbe ruhende Nonnenempore ein. Die Kirche wurde 1992 restauriert und wurde mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Neben Gottesdiensten finden auch regelmäßig Konzertveranstaltungen in der Kirche statt. Nordwestlich der Kirche schmückt den Brunnen eine Gipsfigur des hl. Wendelin, welche eine ältere schadhafte Figur ersetzt. Der hl. Wendelin gehört zu den 14 Nothelfern. Er ist der Schutzpatron der Hirten und Herden, so dass seine Aufstellung im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutzung des Klosterareals zu sehen ist. Die Originalfigur ist ins späte 19. Jahrhundert zu datieren. In einer Nische rechts neben der Treppe des Propsteigebäudes ist ein Relief eingelassen, welches eine biblische Szene darstellt.
Die Linde im Kloster - Sage
Vor Jahrhunderten stand im Klosterhof eine alte Linde, unter deren weit ausgebreiteten dichten Zweigen die Nonnen an heißen Sommertagen sich gern ein Stündchen auszuruhen pflegten. Mit dieser Linde steht folgende Sage in Verbindung: In dem eine halbe Stunde von Zella gelegenen Klosterdorfe Struth lebte einst ein bäuerliches Ehepaar, das recht und schlecht seinem an Sorgen und Arbeiten so reichen Berufe nachging. Sieben Söhne nannten sie ihr eigen, lauter gesunde und kräftige Buben. Gar zu gern hätte die Frau auch ein Töchterchen besessen, und an den Sonntagnachmittagen lenkte sie mit Vorliebe ihre Schritte zu den nahen Annaberg und empfahl vor dem Gnadenbild in der dortigen Wallfahrtskirche ihr Anliegen der Urahne des Herrn. Und ihr Lieblingswunsch sollte erfüllt werden. Es war einige Tage nach Johanni, also um die Zeit, wo die Gewitter gern am Himmel stehen. Die Luft war schwül. Eine finstere Wolkenwand stieg im Westen auf und bedeckte den ganzen Horizont. Der Donner fing an zu grollen und kam immer näher. Bald folgte Blitz auf Blitz und Schlag auf Schlag, und ein erquickender Regen strömte nieder. In die alte Linde auf dem Klosterhof in Zella hatte der Blitz eingeschlagen, es war jedoch ein kalter Schlag gewesen, der nur geringen Schaden angerichtet hatte. Während die Natur sich in großer Anstrengung befand, war in Struth besagten Eheleute ein Töchterchen geboren worden. Es war ein ganz liebes Ding, und die Sieben Brüder drängten sich hinzu, und jeder wollte das Kleine zuerst auf die Arme nehmen. Die Mutter war voller Freude, doch diese war gemischt von leiser Wehmut. Der Bäuerin war der alte Volksglaube bekannt, der besagt, dass derjenige, welcher während eines Gewitters geboren wird, auch durch ein Gewitter sein Leben verliert. Das Mädchen wuchs heran. Echte Frömmigkeit war ihm sozusagen angeboren, und gern besuchte sie das Gotteshaus.
Als es in die Schule kam, war es klüger als alle Mitschülerinnen. Freundlich und liebevoll gegen jedermann, war sie beliebt im ganzen Dorfe, und die Leute nannten es nur das "Engelchen". Auch im nahen Kloster Zella war es gern gesehen, wenn es dort eine Besorgung zu machen hatte, und der Oberin drängte sich immer der Gedanke auf: die gäbe eine gute Nonne. Und wirklich, als das Mädchen herangewachsen war, erschien die Mutter eines Tages im Kloster und teilte den Nonnen mit, dass es der Herzenswunsch ihrer Tochter sei, im Kloster den Schleier nehmen zu dürfen. Mit Freuden wurde der Wunsch gewährt. Nachdem die Probezeit vorbei war, erfolgte der Tag der feierlichen Einkleidung, wobei die Klosterkirche von den Bewohnern Struths überfüllt war. Die Nonne erhielt den Klosternamen Angela. Es vergingen Jahre. Dann starb die Äbtissin in Zella. Sie war eine energische Frau gewesen und hatte das Kloster zu Blüte gebracht. Niemand bedauerte ihren Heimgang mehr als Schwester Angela, der sich die Verstorbene immer als eine gütige Mutter erzeigt hatte. Einige Zeit nach der Beerdigung schritt der Konvent unter dem Vorsitz des Abtes von Gerode zu einer Neuwahl, aus der trotz ihrer Jugend Schwester Angela als Äbtissin hervorging. Die neue Oberin waltete voll Milde und Freundlichkeit ihres Amtes, und die Nonnen taten, was sie ihr an den Augen absehen konnten. Unerschöpflich war sie im Wohl tun gegen die Armen, und die Leute in den Klosterdörfern nannten sie den "Klosterengel".
Doch lange sollte die junge Oberin ihr Amt nicht verwalten. Sie war, wie die Leute sagten, zu gut für diese Welt. Gott wollte sie in seiner Weisheit bewahren vor den Schicksalsschlägen, die in der Folgezeit über das Kloster hereinbrechen sollten. Es war wieder Ende Juli. Beängstigend war die Schwüle die über der Natur lag. Da zog von mehreren Seiten schweres Gewitter herauf, zulest auch noch eins vom "Hl. Grabe" in Diedorf her - und diese sind in jener Gegend besonders gefürchtet. Sie hängen gefahrdrohend und schreckenerregend über dem Tal, in dem Zella liegt. So auch diesmal. Die Blitze zuckten und der Donner krachte so fürchterlich, dass Menschen und Tiere erbebten. Zwei Tage und zwei Nächte schon hatte das furchterregende Naturspiel gedauert. Die Äbtissin vom Kloster Zella kannte den Volksglauben und wusste, was ihr noch bevorstand. Da das Unwetter nicht weichen wollte, bereitete sie sich auf den Tod vor und empfing das hl. Abendmahl. Dann begab sie sich unter die alte Linde auf dem Klosterhof und nahm auf der Steinbank Platz. Zwei Nonnen, die nicht von ihr lassen wollten, hatten sie begleitet. Die drei beteten gemeinsam den Rosenkranz und empfahlen sich der göttlichen Vorsehung. Plötzlich zuckte der Blitz grell auf; zu gleicher Zeit erfolgte ein so furchtbarer Schlag, dass das Kloster in seinen Grundfesten zu erzittern schien. Die Linde lag gespalten am Boden. Die Äbtissin aber war eingegangen in jene Welt, für die sie gelebt hatte. Die beiden anderen Nonnen waren mit bloßen Schrecken davongekommen. Dann strahlte die Sonne wieder in zauberhafter Schönheit über Kloster Zella und ließ nicht ahnen, Welches Trauerspiel sich noch vor kurzem dort abgespielt hatte. Die zertrümmerte Linde wurde später entfernt und an ihrer Stelle ein steinernes Kruzifix gesetzt.
Quelle: Matthias Schmidt, Kloster Zella, Schnell Kunstführer 2285, Regensburg 1997 - Bernhard Opfermann, Die Klöster des Eichsfeldes in ihrer Geschichte, Leipzig/Heiligenstadt 1961 - Augustin Apel, Kreuz und Quer durchs Eichsfeld, Heiligenstadt 1930 - Karl Wüstefeld, Obereichsfeldischer Sagenschatz, Heiligenstadt 1924;
Fotos: Winfried Stöber